Der Anlass zur Anlage des Friedhofs

Auf den ersten Blick war es eine staatliche Anordnung, die für die katholische Gemeinde zum Anlass für die Errichtung eines neuen Friedhofs wurde. Die im Jahr 1831 erstmals in Deutschland aufgetretene Cholera-Epidemie löste in Preußen eine Reihe von Abwehrmaßnahmen aus, die von einer sog. »Immediat-Commission« koordiniert und durch die unteren Ebenen des Staates umgesetzt  wurden. In Bezug auf das Friedhofswesen befürchtete man, dass von den Leichen der an Cholera Verstorbenen der Krankheitserreger ins Grundwasser oder durch Verdunstung in die Luft gelangen könne. Diese Befürchtungen waren berechtigt, denn zu jener Zeit schöpften die Menschen ihren Wasserbedarf aus den zahlreichen öffentlichen Brunnen und Quellen; manche Häuser, auch in Ottweiler, hatten sogar eigene Brunnen. Daher verfügte Landrat Carl von Rohr (Amtszeit 1825-1842) am 1. November 1831 für den 10. November des gleichen Jahres die Schließung aller Friedhöfe, die sich innerhalb der bebauten Ortslagen befanden. Die Friedhöfe mussten außerhalb der Orte verlegt werden, was bedeutete, dass sie dort neu zu errichten waren. Von dieser Maßnahme war auch die katholische Gemeinde von Ottweiler betroffen, die ihren alten, zwischen den Häusern und den zahlreichen Brunnen und Quellen gelegenen Friedhof an der Klosterstraße schließen musste. Da das Friedhofswesen grundsätzlich in die Zuständigkeit des Staates fiel, hatte die landrätliche Verfügung einen direkten Anspruch auf Befolgung bzw. Ausführung. Das hierbei zugrundeliegende Recht war der »Code Civil«, das von Napoleon Bonaparte 1804 eingeführte Zivilrecht, das während des gesamten 19. Jahrhunderts in den linksrheinischen Gebieten Preußens gültig blieb.

Auf den zweiten Blick zeigt sich, dass sich die Ottweiler Katholiken zu jener Zeit auch ohne das seuchenbedingte Eingreifen des Staates Gedanken über einen neuen Friedhof hätten machen müssen. Denn der bis zur angeordneten Schließung genutzte Kirchhof an der Klosterstraße war größenmäßig an seine Grenzen gestoßen. Nach einer damals angewandten alten Faustregel rechnete man für 1.000 Einwohner mit einer Kirchhofsfläche von 3.300 m², von der 2.000 m² auf die Gräber und 1.300 m² auf Wege, Freiflächen etc. entfielen. Der Friedhof an der Klosterstraße war rund 900 m² groß. Die Zahl der Katholiken allein in der Stadt Ottweiler hatte sich innerhalb von rund 50 Jahren aber mehr als versechsfacht (1797: 65, 1843: 401). Angesichts der zunehmenden Bebauung in der Klosterstraße war an eine Erweiterung dort nicht zu denken.

Die Abbildungen zeigen links den katholischen Kirchhof in einer Rekonstruktion der Klosterstraße nach den Bannbüchern von 1741 und 1766 und rechts seine Lage in einem Ausschnitt aus der »renovierten nassauischen Flurkarte von 1822«. Der Friedhof lag auf den heutigen Grundstücken Klosterstraße 4 und 6.

Der neue Friedhof in der städtischen Baumschule: eine Zwischenlösung

Der Landrat bekräftigte am 21. November 1831 seine am Monatsanfang erlassene Verfügung in einem Schreiben an den Ottweiler Bürgermeister Johann Peter Sprenger (Amtszeit 1822-1849), indem er ausführte: »Nochmals mache ich Sie und die Ortsvorsteher persönlich dafür verantwortlich, daß durchaus keine Leiche mehr auf einem im Ort gelegenen Kirchhof begraben werde.“ Zugleich ordnete der Landrat an, dass für die polizeilich geschlossenen Friedhöfe unverzüglich neue, außerhalb der Ortschaften gelegene Kirchhöfe anzulegen seien.

Bereits wenige Tage später fasste der Stadtrat am 1. Dezember 1831 den Beschluss, der katholischen Gemeinde die untere Hälfte der städtischen Baumschule an der Straße nach Stennweiler als Beerdigungsplatz anzubieten. Als Kaufpreis wurden 25 Taler (in heutiger Währung 963 Euro) festgesetzt, dessen Fälligkeit aber wegen der ohnehin schlechten wirtschaftlichen Lage der Katholiken und des bevorstehenden Neubaus einer Kirche bis auf weiteres ausgesetzt wurde. Der neue Friedhof, der sich auf den heutigen Grundstücken der Stennweilerstraße 21 und 23 befand, wurde von der königlichen Regierung in Trier im Sommer 1832 genehmigt. Mit 1.100 m² war er für die katholische Gemeinde zwar ausreichend groß, allerdings erwies sich die Bodenbeschaffenheit für einen Begräbnisplatz als ungeeignet. Dies führte nicht nur zu Beschwerden aus der Bürgerschaft sondern auch zu einer Eingabe (Klageschrift) an die Provinzialregierung in Trier. Das hatte zur Folge, dass das Gelände gutachterlich durch eine Expertenkommission auf seine »Friedhoftauglichkeit« untersucht wurde. Das Ergebnis lag im Juni 1834 vor und fiel negativ aus, so dass der katholische Friedhof kurz danach geschlossen wurde. Er war aus heutiger Sicht nur eine Zwischenlösung.